Hedgefonds sind aus der Welt der Börsen nicht mehr wegzudenken. In den vergangenen Jahrzehnten haben sich die unregulierten Fonds zu einem echten Hit unter privaten und professionellen Anlegern entwickelt. Dabei gibt es eine Reihe von Investitionsstrategien, mit denen die Fonds verwaltet werden.
Und obwohl es kaum möglich ist, die beste der Strategien festzulegen, so ist es doch machbar, die beliebteste unter allen zu ermitteln. Als klarer Sieger geht aus diesem Rennen die sogenannte Long-Short-Strategie hervor. Aber was genau hat es damit auf sich? Im Folgenden haben wir alle wichtigen Informationen rund um das Thema Long-Short-Hedgefonds zusammengestellt.
Hedgefonds und deren Strategien
Hedgefonds sind darauf ausgelegt, unabhängig von der aktuellen Marktsituation mit guten Renditen zu arbeiten. Um dies umzusetzen, kommt eine Reihe von für Fonds untypischen Finanzinstrumenten zum Einsatz:
- Leerverkäufe
- Spekulieren a la baisse
- Derivate
- Kreditfinanzierungen
Normale Fonds sind rechtlich gesehen nicht bemächtigt, mit diesen Tools zu arbeiten, um eine gewisse Sicherheit für die Anleger zu gewährleisten. Denn demgegenüber ist die spezielle Form der Hedgefonds zum Großteil frei von Regulationen, einige werden in sehr geringem Maße von offizieller Seite reguliert. Diese Tatsache wird den Anlegern dabei nicht vorenthalten. Die ungesicherte Fonds sind in Theorie in der Lage, auch zu schlechten Marktphasen Renditen zu erwirtschaften. Diese hohen Renditechancen gehen allerdings mit einem steigenden Risiko einher.
Um gute Renditen zu gewährleisten, arbeiten die Fonds mit einer breiten Palette von Produkten:
- Wertpapiere
- Währungen
- Obligationen
- Optionen und Futures
Für die Anlagestrategie kommt am häufigsten die sogenannte Long-Short-Strategie zum Einsatz. Einfach gesagt, werden hier als unterbewertet identifizierte Aktien aufgekauft (Long) und als überbewertete Aktien in den Leerverkauf gegeben (Short). Dieses Vorgehen minimiert einen nennenswerten Teil des klassischen marktgebundenen Verlustrisikos.
Darüber hinaus arbeiten viele Fonds mit Arbitrage-Strategien. Hier wird der Fokus auf Bewertungsdifferenzen gelegt, die zwischen deckungsgleichen Aktien auftreten. Sind diese Wertpapier Obligationen, wird die Strategie als Fixed Income Arbitrage bezeichnet. Wird jedoch das gleiche System auf Wandelanleihen angewandt, wird von einer Convertible Bond Arbitrage gesprochen.
Ebenfalls zu nennen sind die ereignisbezogenen Strategien. Diese zielen darauf ab, Aktienkäufe und -Verkäufe auf erwartete Firmenereignisse auszulegen, wie zum Beispiel dem Abverkauf eines Unternehmenszweiges. Abschließend sind die opportunistischen Strategien zu nennen. Unter anderen kommt die Emerging Market Strategie zum Einsatz, die in die Zukunft von Schwellenländern investiert.
Video: Richtig shorten | Fünf Short-Trading Strategien
Hedgefonds in Deutschland
Vor 2004 war es für Privatanleger grundsätzlich nicht möglich, Hedgefonds zu nutzen. Nach einer kurzen Lockerung der Gesetzeslage wurde im Jahr 2013 eine erneute Beschränkung festgelegt. Hedgefonds aus dem Ausland dürfen nur von professionellen und semi-professionellen Anlegern genutzt werden. Dies liegt vor allem an der risikoreichen Anlageform. Private Anleger lassen sich schnell dazu hinreißen, in die vermeintlich marktunabhängigen Fonds zu investieren, ohne die tatsächlichen Risiken in vollem Umfang zu kennen.
Die Long-Short-Strategie im Detail
Die Long-Short-Strategie wird weltweit von Hedgefonds-Managern verwendet. Sie zielen mit der Methode darauf ab, sich fehlerhaft bewertete Aktien zunutze zu machen. Wird eine solche Aktie durch den Fondsmanager gekauft, wird diese als „long“ bezeichnet. Geht der Manager davon aus, dass eine Aktie schon bald an Wert verlieren wird, wird sie als „short“ bezeichnet. Wird eine Aktie leer verkauft, spricht man von einer Short-Position.
Für die korrekte Umsetzung der Strategie ist es relevant, dass sowohl Aktien gekauft werden, die als unterbewertetet eingestuft sind, als auch Aktien leer verkauft werden, die als überbewertet eingestuft wurden.
Leerverkauf
Der Leerverkauf ist ebenfalls ein anerkanntes Finanzinstrument an den globalen Finanzmärkten. Es ist auch als „Short Selling“ bekannt. Außerhalb der deutschen Finanzmärkte ist Short-Selling seit Jahrzehnten ein anerkanntes Instrument. Dabei kommt es sowohl im professionellen, als auch im privaten Rahmen zum Einsatz. In Deutschland ist es nicht ohne Weiteres möglich, mit dem Leerverkauf zu arbeiten. Zumeist sind es lediglich professionelle Investoren, die darauf zurückgreifen können.
Ein Shortseller leiht sich Wertpapiere – es kommt nicht zum Kauf der Aktien. Die Wertpapierleihe wird gegen eine Gebühr, den Leihezins, gesichert. Der Shortseller hofft, dass der Aktienkurs für das angeliehene Wertpapier fällt. Tritt dieser Fall ein, werden die Aktien an der Börse zu einem günstigen Preis gekauft und anschließend an den Wertpapierverleiher zurückgegeben.
Video: Marktneutrales Trading, Long/ Short Strategien
Beispiel für eine Long-Short-Strategie im Hedgefonds
Vor allem für Einsteiger kann das Prinzip der Long-Short-Hedgefonds schnell verwirrend sein. Anhand eines Beispiels lässt sich allerdings leicht verdeutlichen, wie diese Strategie Renditen sichert und warum sie so beliebt ist.
Der Fondsmanager betrachtet die aktuellen Kursbewegungen der Stahlindustrie. Nach eingehender Analyse der vorliegenden Daten ist er davon überzeugt, dass die Aktien der Firma X besser abscheiden werden als die Aktien der Firma Y. Ist diese Entscheidung gefallen, werden die Wertpapiere der Firma X gekauft, solange sie noch niedrig im Kurs stehen. Kommt es zu einer Kursteigerung, wird ein Gewinn erzielt. Zeitgleich leiht sich der Fonds die Aktien der Firma Y. Verlieren diese an Wert, kann er die Aktien zu einem geringeren Preis kaufen, als er sie zuvor geliehen hat. Werden die geliehenen Aktien dann an den Verleiher zurückgegeben, ergibt sich in der Gesamtsumme eine Rendite.
Wie die Unternehmensanalyse im Detail aussieht, ist nicht immer deckungsgleich. Dennoch werden in der Regel die klassischen Kennziffern von Unternehmen dafür herangezogen:
- Gewin
- Umsatz
- Verschuldung
- Und weitere
Auch der allgemeine Branchenindex wird für diese Analyse verwendet. Es gibt für alle Branchen regionale und globale Indices. Diese betrachten die Kursentwicklungen der branchenbesten Unternehmen und werten die individuellen Daten nach einer speziellen Formel aus. Die Entwicklung des Index ist ein guter Anhaltspunkt für die allgemeine Kursentwicklung der Branche.
Neben der klassischen Analyse haben viele Hedgefonds-Manager individuelle Werkzeuge entwickelt. Jeder Hedge-Fonds hat dabei seine eigene Geheimformel. Diese berücksichtigen in der Regel sogenannte „weiche Bewertungsfaktoren“. Dazu gehören das Brand-Image, Kundenfeedback, Zukunftsvisionen des Unternehmens und viele mehr.
Long-Short-Strategie-Hedgefonds arbeiten mit dem Ankauf und den Anleihen von Aktien im großen Stil. Treffen sich die Long- und Short-Aktien auf der gleichen Ebene, bedeutet dies einen stabilen Profit für den gesamten Hedgefonds. Somit ist es auch möglich, dass die Long-Aktie im Kurs verliert, ohne dass der gesamte Fonds Renditen einbüßt – solange die Long-Aktie die Short-Aktie weiterhin im Wert übersteigt.
Marktneutrale Strategie
Befinden sich die Long- und Short-Aktien innerhalb des Fonds finanziell in Balance, arbeitet die Strategie marktneutral. Denn unabhängig von der aktuellen Marktbewegung im Allgemeinen, bleiben die Differenzen zwischen den einzelnen Postionen im Idealfall gleich. Eine gute oder schlechte Marktlage beeinflussen somit nicht die Performance des Hedgefonds.
Es ist aber nicht zwingend notwendig, dass ein Long-Short-Hedgefonds marktneutral aufgebaut ist. So gibt es zum Beispiel die klassische 130/30-Strategie. In diesem Fall arbeitet der Hedgefonds mit einer Exposition von 130 % entgegen den bestehenden Long-Aktien und einer Exposition von 30 % gegenüber den Short-Aktien. Auch eine Verteilung von 120/20 wird immer wieder verwendet.
Weitere Unterscheidungen innerhalb der Strategie können durch diverse Faktoren festgelegt sein:
- Branchen
- Länderspezifisch
- Anlagestil
Fonds sind häufig auf eine Branche spezialisiert. Der gesamte Fonds arbeitet dann zum Beispiel ausschließlich mit Wertpapieren aus dem Sektor der Technologie oder dem Finanzwesen. Andere Fonds sind Mischfonds, die sich lediglich an der Werteentwicklung der Aktien orientieren. Stammen die Aktien aus einem gemeinsamen Bereich, wie der gleichen Region oder Branche, wird von einem „gepaarten Handelsmodell“ gesprochen.
Die Verwendung solcher Paare minimiert das Gesamtrisiko. Denn der Fondsmanager ist in der Lage, das Risiko auf die Bewegungen innerhalb eines Teilbereiches des gewählten Marktes zu fokussieren. Globale Marktbewegungen sind in der Regel schwerer zu überschauen als die der Teilber
Video: Leerverkäufe, Short Selling & Wertpapierleihe einfach erklärt! (mit anschaulichen Beispielen)
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Worin liegen die Risiken der Long-Short-Strategie?
Unabhängig von der gewählten Strategie, beinhalten Hedgefonds ein paar Risiken, die immer zu beachten sind:
- Im Vergleich zu einem traditionellen Investmentfonds sind Hedgefonds nicht mit übermäßigem Investitionskapital versehen. Dies bedeutet: Sie sind nicht liquide. Eine schnelle Reaktion auf aktuelle Marktbewegungen ist nicht immer möglich – der Kauf von Aktien wird nicht selten durch Kredite finanziert.
- Die Verwendung von Finanzinstrumenten wie Krediten macht die gesamte Anlage anfälliger für Verluste. Wird das Management falsch umgesetzt, kann es schnell zu hohen Verlusten kommen.
- Die aufwendige Verwaltung der Fonds führt zu hohen Kosten – diese verteilen sich auf die Fondskosten für das Management und auf Transaktionsgebühren.
Die Long-Short-Strategie birgt darüber hinaus ein weiteres Risikoelement. Um gewinnbringend zu arbeiten, muss die Prognose des Fondsmanagers für zwei Aktien korrekt sein. Selbst erfahrene Manager sind dabei nicht immer in der Lage, dies fehlerfrei einzuschätzen.
Fazit: Die Strategie mit Weitblick
Hedgefonds sind nicht für jeden Anleger die richtige Wahl. Wer eine Investition sucht, die ein möglichst geringes Risiko birgt, der sollte sich hier besser genau informieren. Grundsätzlich bieten sich in diesem Fall geschlossene Fonds mit einer Langzeig-Strategie am besten an.
Wer bereit ist, das Risiko zu tragen, um die hohen Renditechancen nutzen zu können, der ist mit einem Long-Short-Hedgefonds bestens bedient. Ein guter Fondsmanager ist in der Lage, die Kennziffern der Unternehmen korrekt zu interpretieren und fehlerhaft bewertetet Wertpapiere zu identifizieren.
Aufgrund der geringen Regulierungen können die Hedgefonds mit einer Reihe von innovativen Finanzinstrumenten arbeiten, um das gewünschte Ziel zu erreichen. Das Resultat ist im besten Fall ein stabiler Fonds, der über einen langen Zeitraum gute Renditen bringt – selbst wenn die allgemeine Marktsituation weniger überzeugend ist.
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